Dieser Blogpost hat leider einen traurigen Anlass: Ein sehr gut mit Father Cyprian befreundeter Priester aus Holy Rosary, unserer Nachbargemeinde, hat seinen Vater verloren. Nach kurzem Aufenthalt in unserem Health Centre und im Krankenhaus Lacor ist er letzten Samstag im Alter von 93 Jahren verstorben.
So haben wir nun die Möglichkeit, Euch kurz in die Totenkultur der Acoli einzuführen.
Einen Tag nach dem Tod des Mannes fand eine kleine Messe im Kreise der Familie statt, im Zuge derer der Körper in das Heimatdorf gebracht wurde. Schon am Tag danach war die offizielle Beerdigung. Wir konnten bei der Messe leider nicht dabei sein.
Übrigens gibt es auch nicht religiöse Beerdigungen, bei der viel Aberglaube und viele (für uns kurios erscheinende) Bräuche im Spiel sind. Falls wir eine solche Beerdigung mal erleben oder mehr darüber erfahren lassen wir euch daran teilhaben.
Der größte Unterschied bei der Beerdigung selbst ist wohl der Ort. In Deutschland feiern wir die Messe in einer Kirche/Kapelle und begraben den Leichnam auf einem sogenannten Friedhof. Einen sogenannten Friedhof gibt es hier nur für Bischöfe oder sonstige Personen hohen Rangs. Der normale Acoli begräbt Familienangehörige auf dem eigenen Grundstück.
Auch die Messe findet meist auf dem eigenen Grundstück statt: Es werden aus dem Umkreis (je nach Alter und Bekanntheit des Verstorbenen) Pavillons, Planen und unzählige Plastikstühle angeschafft. Aus der nächstgelegenen Gemeinde kommen die Utensilien für die Feier der Messe, also Kelch, Oblaten, usw.
Die hiesige Art zu trauern hat uns jedoch noch mehr überrascht:
Bei der Beerdigung selbst wird geweint und die Trauer über den Verlust des Verstorbenen ist offen sichtbar. Als wir am Abend des Tages der Beerdigung mit Cyprian nochmal zur Familie gefahren sind, sah die Welt in unseren Augen schon anders aus. Es war am frühen Abend noch sehr ruhig, es gab Essen (Cassava, Rindfleisch, Reis, Bohnen und Tomaten) und einige kleinere Gespräche. Dann jedoch ging plötzlich laute Musik los und die Gäste fingen an zu tanzen. Nicht lange und auch wir tanzten voller Elan mit. Zunächst war die Musik traditionell, sodass wir einige traditionelle Tänze bestaunen und lernen konnten. Je später es aber wurde, desto „moderner/party-mäßiger“ wurde die Musik. Spätestens jetzt hätte kein ankommender deutscher Otto Normalverbraucher mehr gedacht, dass an ebenjenem Tag an ebenjenem Ort ein alter Mann beerdigt wurde. Es wurden auch immer mehr feiernde Menschen: es gibt nicht streng geladene Gäste, sondern wer mitfeiern will, darf mitfeiern. Es wurden an der Einfahrt zum Gelände von Privatpersonen sogar Bierstände aufgebaut.
Nun könnte man es unangemessen finden, am Tag der Beerdigung so „die Sau rauszulassen“. Doch es steckt dahinter, dass man das Leben des Verstorbenen gebührend feiert. Die Trauer über sein Gehen soll nicht die Überhand gewinnen. Dermaßen gefeiert wird auch nur, wenn die verstorbene Person schon alt war. Die Definition von „alt“ ist so ziemlich: wer Enkelkinder hat, ist alt. Wenn also jemand mittleren Alters oder sogar ein Kind stirbt, überwiegt die Trauer.
Father Cyprian findet Beerdigungen von alten Menschen in gewissem Sinne schön, weil alle Menschen irgendwann sterben müssen und man sich im Grunde nichts anderes als ein langes Leben wünschen kann. Das mag uns lethargisch trauernden Deutschen erstmal kurios erscheinen, aber wir empfinden das als eine sehr schöne Denkweise. Was meint ihr dazu? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!
Ein interessanter Artikel, der aufzeigt, dass der Begriff „Trauer-Feier“ in Deutschland nur zur Hälfte gelebt wird. Der Gedanke, das Leben des/der Verstorbenen auch zu feiern und nicht „nur“ sein oder ihr Ableben zu betrauern, finde ich schön.
LikeLike